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Der Potus («President of the United States») liefert uns viele ikonische Zitate, die wohl jahrzehntelang in Geschichten und Lehrbüchern wiederholt werden. Nicht weil sie gut sind, sondern weil sie sehr klare Beispiele für schlechte Ideen sind.

Der Potus («President of the United States») liefert uns viele ikonische Zitate, die wohl jahrzehntelang in Geschichten und Lehrbüchern wiederholt werden. Nicht weil sie gut sind, sondern weil sie sehr klare Beispiele für schlechte Ideen sind.

Verbraucher, nicht Ausländer, zahlen die Trump-Tarife

Trump

Trump

In der Wirtschaft ist es die häufig gehörte These "Handelskriege sind gut und leicht zu gewinnen". Auf dem zweiten Platz steht seine Aussage, dass er ein «Tariff Man» sei, verbunden mit der Behauptung, dass Ausländer die Tarife zahlen, die der Potus eingeführt hat.

Das schöne am letzteren Anspruch besteht darin, dass die Aussage mit Daten überprüft werden kann. In unserem Blogbeitrag vom April 2018 haben wir auf ökonomisch erwartete Konsequenzen von Handelstarifen auf ausländische Güter (bspw. Importzölle auf Stahl) hingewiesen. Jetzt können wir anhand erster Daten die realen Auswirkungen einschätzen.

Im 2018 hat der Potus Zölle auf etwa 12 Prozent der gesamten US-Importe eingeführt. Jüngst haben Ökonomen aus Kolumbien, Princeton und der New Yorker Federal Reserve einen Artikel mit dem Titel "The impact of the 2018 trade war on U.S. prices and welfare" publiziert, welcher detaillierte Importdaten verwendete, um die Auswirkungen der Zölle zu bewerten. Ihre Konklusion: Die Ausländer zahlten keine der (erhöhten Tarif-) Rechnungen; US-Unternehmen und Verbraucher zahlten alles. Und die (bedingt durch höhere Importpreise) Verluste der US-Verbraucher überstiegen die Einnahmen aus den neuen Tarifen, so dass die Tarife insgesamt die wirtschaftliche Situation der Amerikaner schlechter machten.

Wie sind diese Ökonomen zu ihrem Ergebnis gekommen?

Die US-Regierung sammelt Daten über die Preise und Mengen vieler Importkategorien. Viele davon wurden mit neuen Zöllen belegt, aber viele andere eben auch nicht. Wegen dieser Ausgangslage wird ein interessanter Vergleich möglich: wie verhalten sich (zusätzlich) zollpflichtige Importe im Vergleich zur de facto Kontrollgruppe der unberührten Importe. So können die Auswirkungen der Zölle realistisch abgeschätzt werden. Diese Vorgehensweise ist übrigens ähnlich zum Testen von neuen Medikamenten. Eine Gruppe von Test-Patienten erhält die neue Medikation und eine andere Gruppe von Test-Patienten erhält lediglich Placebos. Nur wenn das neue Medikament im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant bessere Resultate erzielt, kommt es allenfalls auf den Markt.

Unter Trump's Vision (besser: Imagination oder Phantasmagorie?) zahlen die Ausländer die Zölle, indem sie ihre Preise für die tarifierten Waren um die Höhe der Tarife senken, so dass sich die Verbraucherpreise nicht änderten. Tatsächlich sind jedoch keine Auswirkungen der Zölle auf die Einfuhrpreise sichtbar.

Die folgende Abbildung zeigt, dass die ausländischen Anbieter keinen der Tarife – über ihre Gewinnmargen - absorbiert haben. Umgekehrt ist sichtbar, dass die tariflichen Inklusivpreise (Abbildung 1) um den vollen Betrag der Tarife gestiegen sind.

Trump Tarife

Trump Tarife

Quelle: Amiti, Redding, Weinstein "The impact of the 2018 trade war on U.S. prices and welfare", März 2019

Die Tarif bedingten Preiserhöhungen führten zu erheblichen Verhaltensänderungen. Die Importe der mit zusätzlichen Tarifen belegten Zollartikel gingen stark zurück, zum Teil, weil die Verbraucher zu einheimischen Produkten übergingen, zum großen Teil aber auch, weil die Importeure ihre Beschaffung in Länder verlagerten, die derzeit nicht mit Trump-Zöllen konfrontiert sind. So scheinen beispielsweise eine Reihe von Unternehmen bereits damit begonnen zu haben, Waren in Vietnam oder Mexiko zu kaufen, die sie zuvor in China erworben haben.

Diese Verhaltensänderungen sind der Schlüssel zur Schlussfolgerung des Artikels, dass die Zölle das Volkseinkommen und damit die Wohlfahrt in Amerika verschlechtert haben.

Betrachten wir ein Beispiel. Vor der Tarif-Einführung importieren die USA einige Waren aus China, die $100 kosten. Dann führt die Administration des «Tariff-Mans» einen 25%igen Tarif ein, was den Verkaufspreis für die Verbraucher auf 125 $ erhöht. Wird dieses Gut weiterhin aus China importiert, verlieren die Verbraucher 25 US-Dollar pro gekaufte Einheit. Allerdings erhält die Regierung zusätzliche 25 US-Dollar an Steuern, sodass das gesamte Volkseinkommen unverändert bleibt.

Angenommen, die Importeure wechseln zu einer teureren Bezugsquelle, die nicht dem Zoll unterliegt. Sie kaufen bspw. Ware für 115 Dollar aus Vietnam. Gegenüber dem vor-tarifären Zustand verlieren die Verbraucher in diesem Fall nur 15 Dollar. Da annahmegemäss auf vietnamesischen Importen kein Tarif erhoben wird, fehlen im Vergleich zum China-Importen die erhobenen Zolleinnahmen von 25 Dollar. Für die ganze Nation resultiert aus den mangelnden Zolleinnahmen ein Verlust von 15 Dollar.

Andererseits können sich die Verbraucher auch an einen inländischen Lieferanten (US-amerikanisches Unternehmen) wenden. Wie ändert sich die Geschichte, wenn dieser das Produkt für 120 Dollar verkaufen wird?

Die USA sind in der Nähe von Vollbeschäftigung. Dies bedeutet, dass die Herstellung eines guten Produkts im Inland mit Opportunitätskosten  verbunden ist. Die Inlandproduzenten dazu zu bringen, etwas zu produzieren, das früher importiert wurde, führt zu einem Nettoverlust von 20 US-Dollar ohne Ausgleich der (Tarif-)Einnahmen.

Übrigens, in der Praxis werden alle durch die Trump-Tarife hinzugefügten Fertigungsjobs wahrscheinlich durch Verluste anderer Fertigungsjobs ausgeglichen. Zum Teil liegt das daran, dass die meisten Zölle auf Vorleistungsgüter entfallen - Inputs in die Produktion, so dass Beschäftigungsgewinne in z.B. Stahl durch Verluste in Autos und anderen nachgelagerten Sektoren ausgeglichen werden. Darüber hinaus haben die Zölle wahrscheinlich zu einem steigenden Dollar beigetragen, was die US-Exporte weniger wettbewerbsfähig macht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Trump-Tarife die Verbraucherpreise (für die amerikanische Bevölkerung) angehoben haben, anstatt die ausländischen Gewinne zu belasten. Dank den Tarifen konnte der US-Staat einige Einnahmen erzielen, aber es gab auch einen Anreiz, die Tarif-Steuer zu umgehen, indem die Verbraucher auf andere, nicht tarifär besteuerte Importquellen gewechselt haben. Natürlich hat diese Steuervermeidung selbst ihren Preis, denn die alternativen Bezugsquellen dürften höhere Preise haben als das bisherige Bezugsland. Insgesamt führen die neu eingeführten Tarife zu einer Verschlechterung der ökonomischen Situation für die US-Amerikaner.

Es ist zwar richtig, dass die aktuell gültigen Zahlen (noch) nicht so groß sind. Im Artikel wird der Nettowohlfahrtsverlust auf 1,4 Milliarden Dollar pro Monat oder 17 Milliarden Dollar pro Jahr geschätzt, was weniger als 0,1 Prozent des US-BIP ausmacht. Aber Vorteile bzw. Gewinne für die Amerikaner herausholen ist das nicht. Die Zahlen und damit der Nettowohlstandsverlust könnten viel größer werden, wenn sich der Handelskrieg ausweitet, zum Beispiel mit einem Zoll für europäische Autos. Und dies erst noch mit der abenteuerlichen Begründung, dass die "nationale Sicherheit" durch europäische Autoimporte gefährdet ist.

 

Dieser Artikel ist eine gekürzte und redigierte Übersetzung des jüngst in der New York Times erschienen Artikels «How Goes the Trade War? Consumers, not foreigners are paying the Trump tariffs» des Nobelpreisträgers Paul Krugmann, welcher seine Nobilitierung insbesondere für seine Beiträge zu Aussenhandelstheorien bekommen hat.

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