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Zombie-Bonds

Bruno Heusser

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Finanzmärkte

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Seit einigen Monaten werden an den Kapitalmärkten die vertrauten Fallen Angels (siehe dazu unseren Blog vom 12. Nov.) von den furchterregenderen Zombies aus den Schlagzeilen verdrängt. Zombie-Firmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht sterben können.

Seit einigen Monaten werden an den Kapitalmärkten die vertrauten Fallen Angels (siehe dazu unseren Blog vom 12. Nov.) von den furchterregenderen Zombies aus den Schlagzeilen verdrängt. Zombie-Firmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht sterben können.

Zombie-Bonds

Zombie-Bonds

Ein Siechtum charakterisiert dadurch, dass im operativen Geschäft kaum Gewinne erwirtschaftet werden und trotzdem die Refinanzierung der Schulden an den Kapitalmärkten immer wieder gelingt. Aktuelle Studien der BIZ und OECD belegen, dass vor allem die tiefen Zinsen das Wachstum dieser Untoten begünstigen. Im Durchschnitt - über die USA, Europa, Japan und Australien - hat sich der Anteil an Zombies seit 1986 verdoppelt . Die Zombie-Bonds sind unter uns.

Die Identifikation von Zombie-Anleihen ist einfach nachvollziehbar. Die Definition lautet: Wenn über eine oder mehrere Perioden der betriebliche Ertrag unter den Zinskosten liegt, dann spricht man von einem Zombie-Bond.

Jüngst hat Bloomberg die Firmen im "Russell 3‘000 Index" der grössten US-Firmenanleihen analysiert. Die Anzahl der als Zombies klassifzierten Firmen hat sich seit Jahresbeginn von 335 auf 527 Firmen erhöht, was ausstehenden Schulden von 378 Mrd. bzw. 1‘360 Mrd. entspricht. Damit liegt der prozentuale Schuldner-Anteil mit Zombie-Charakteristiek bald bei 20%. Eine Grössenordung, die auch von anderen Studien mit leicht abweichenden Kriterien weitgehend bestätigt wird. Die Spannweite reicht von grossen, etablierten "Investment Grade (AAA-BBB)" Schuldnern wie Boeing oder General Electric, (Zombies seit 2016), bis zu kleineren Firmen im "High Yield" Segment. Ein Blick auf die betroffenen Firmen zeigt, dass weder die Entwicklung des Aktienpreises noch das Kreditratings zur Identifikation von Zombies brauchbare Indikatoren sind.

Die folgende Grafik zeigt den Anstieg der Zombies (d.h. Firmen, deren Gewinne geringer sind als die Schuldzinsen, seit mindestens 3 Jahren).

Zombie-Firmen

Zombie-Firmen

Quelle: Bloomberg / Leuthold Group

Treiber dieser Entwicklung sind die künstlich tief gehaltenen Zinsen, welche es auch Firmen ohne nachhaltiges Business- Modell erlaubt, unlimitiert kostenloses Geld aufzunehmen. Allfällige Bedenken privater Investoren werden von den Zentralbanken zerstreut, welche als «Lender of last Resort» oder «whatever it takes forever» auftreten und mit riesigen Anleihenkauf-Programmen die Nachfrage garantieren. (Kapital-) Schwache Banken haben keine Anreize, die Schulden ihrer konkursiten Kunden nicht zu verlängern. Die Schaffung von Zombies ist dadurch vorprogrammiert. Die Corona Pandemie erweist sich als Katalysator dieser Entwicklung. Firmen und Staaten haben bis heute in Euro über 1’500 Mrd. neue Schulden aufgenommen; noch nie wurden in einem Jahr so viele Obligationen herausgegeben. Firmen nutzen die Gelegenheit und optimieren ihre Bilanzen. Die Verschuldung wird erhöht und mit dem daraus erzielten Geld werden Aktien zurückgekauft. Die durchschnittliche Kreditqualität der Anleihenmärkte sinkt; AAA und AA benotete Bonds muss man mit der Lupe suchen. Der Marktanteil der BBB3-Anleihen liegt damit nur noch hauchdünn über der Non-Investment Grade Schranke und wächst kontinuierlich.

Männiglich geht davon aus, dass sich die Situation entspannt sobald der Corona Impfstoff vorliegt und die Wirtschaft wieder anspringt. Man sollte sich jedoch vor Augen halten, dass der Anteil der Zombie-Firmen schon vor der Pandemie nahe bei 10% lag und dies in einer Welt faktischer Nullverzinsung. In den 90-er Jahren lagen die 5-jährigen USD-Zinsen bei 6%, 2008 bei 3.5% und heute bei 0.3%. Insofern verschleiert die Grafik den Ernst der Lage.

Es stellt sich die Frage, was einen Investor überhaupt dazu bewegt, in Zombies zu investieren. Die empirische Evidenz unterstützt die These, dass Zombie-Firmen generell auch künftig weniger Gewinne erwirtschaften und eher Konkurs gehen als profitable Firmen. Die verzweifelte Suche nach höher rentierlichen Bonds führt dazu, dass die Kreditrisikoprämien der Anleihen (d.h. die Konkursrisiko bedingte Zusatzverzinsung ggü. Staatsanleihen) die Risiken nicht ausreichend reflektieren. Eine (schnelle) Normalisierung der Geld- und Fiskalpolitik mit steigenden Zinsen wäre existenzbedrohend.

Der gängige Investitions-Ansatz der Schweizer Pensionskassenwelt: «Investment Grade Bonds sind nahezu risikolos, High Yield ist zu riskant und Fallen Angels müssen zwingend verkauft werden (und dies erst noch möglichst nahe am Zeitpunkt der Ratingänderung, was die Verluste tendenziell maximiert)» ist in unserer Beurteilung nicht optimal. Eine blinde Indexorientierung führt in der Tendenz dazu, dass gerade die riskanteren Investment Grade BBB-Zombies übergewichtet werden um die Benchmark-Rendite zu übertreffen.

Unsere Haltung ggü. Zombies

Boeing, als System relevanter Schuldner, konnte dieses Jahr 25 Mrd. am Markt aufnehmen, obwohl die Firma auf unabsehbare Zeit den Zombie-Status beibehalten wird. Anlegende wurden von der Politik darauf konditioniert, dass eine Ikone wie Boeing, gerade auch im Kontext der nationalen Sicherheit,  «to big and important to fail» ist. Das gleiche gilt für die globale Airline-Industrie, allesamt Zombies. Die grossen, nationalen Fluggesellschaften werden auf dem Buckel der Steuerzahler am Leben erhalten und werden überproportional vom absehbaren Ende der Pandemie profitieren. 

Nicht systemrelevante BBB Schuldner, welche schon vor Corona nicht glaubhaft gegen Zinserhöhungsrisiken gewappnet waren, werden es schwerer haben. Zombies verteilen sich auf High Yield (BB-CCC) und Investment Grade (AAA-BBB) Anleihen. Swiss Rock setzt einen «best in class»-Ansatz um, welcher in beiden Ratinggruppen die Zombies vermeidet, Fallen Angels nicht a priori auschliesst und basierend auf einer systematischen Kreditanalyse eine bewusste Auswahl trifft. Hierbei verzichten wir - im besten Interesse unserer Investorinnen - bewusst auf Renditeerhöhungen durch Index orientiertes Zwangsinvestieren in schlechte Schuldner.

In jedem Fall ist die Vor-Corona Grenzziehung zwischen High Yield und Investment Grade fragwürdiger denn je. Ein umsichtiges, aktives Portfolio-Management ist gefordert. Dieses setzt nicht auf die riskantesten Kreditrisiko-Schuldner, sondern sorgt für systematische, hervorragend diversifizierte Bond-Investitionen im besten Interesse der Anlegerinnen.

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